Auf der Musikstreaming-Plattform Spotify hat Johann Sebastian Bach die gleiche Anzahl an Followern wie die 1990er Grunge-Band Soundgarden. Der belgische Rapper Stromae hat genauso viele Streams wie die 77-jährige Countrymusik-Legende Dolly Parton.
Was verbindet diese Künstler miteinander? Was unterscheidet sie?
Skoove arbeitete mit den Forschungsexperten von DataPulse zusammen, um die 1000 besten Bands und Solokünstler auf Spotify zu vergleichen und gegenüberzustellen. Das Team erstellte einen maßgeschneiderten Datensatz aus verschiedenen Quellen, mit dem Ziel, die demografischen Trends unter den Künstlern auf der Liste zu analysieren. Wir haben einige interessante Erkenntnisse und Trends aufgedeckt, die wir im Folgenden zusammengestellt haben.
Die Daten, die der Analyse zugrunde liegen, stammen aus verschiedenen Quellen, darunter ChartMasters Liste der Top-Künstler auf Spotify, Wikidata sowie manuelle Recherche und Datenaggregation. Um Erkenntnisse über Musiker in Bands und Gruppen zu gewinnen, haben wir uns die Charakteristika der Hauptkomponisten und der Leadsänger*innen näher angesehen.
Superstars sind rar gesät
Bevor wir genauer darauf eingehen, was einen Spitzenkünstler ausmacht, sollten wir erst einmal herausfinden, wer sie sind. Die folgende Grafik zeigt die vollständige Liste der 1000 besten Bands und Solokünstler auf Spotify. Anhand dieser Darstellung wird deutlich, dass es nur wenige Künstler bis ganz an die Spitze schaffen, und diese somit die absolute Ausnahme darstellen.
Einem Großteil der Künstler ist es nicht gelungen, 15 Milliarden Streams oder 25 Millionen Follower auf Spotify zu erreichen. Die Anzahl der Spotify-Streams zeigt die Popularität zum aktuellen Zeitpunkt, basierend auf der Anzahl der bisherigen Aufrufe. Die Anzahl der Spotify-Follower hingegen bietet eine Vorhersage über die zukünftige Nutzung, da die Follower dazu neigen, die Musik der Künstler über einen langen Zeitraum zu konsumieren.
30 Milliarden Streams zu erreichen, ist eine Leistung, die nur einigen wenigen Künstlern vorbehalten ist, darunter BTS, Eminem, Ariana Grande und The Weeknd. An der Spitze der Musikindustrie stehen die weltberühmten Superstars Ed Sheeran (mit den meisten Followern), Taylor Swift, Bad Bunny und Drake (der einen Rekord von 67 Milliarden Streams verbuchen kann).
Die große Mehrheit der Spitzenmusiker erhielt keinen Musikunterricht
Aus der Spotify-Liste der 1000 meistgestreamten Topstars haben wir eine kleine Untergruppe von etwa 200 Elitemusikern untersucht - die Top-Acts aus den USA und ihre Pendants aus dem Vereinigten Königreich. Dabei stellten wir fest, dass nur 11 % der amerikanischen Künstler und 30 % der britischen Künstler jemals regelmäßigen, strukturierten und professionellen Musikunterricht gehabt haben.
Wie haben also die meisten dieser Musikstars ihr Handwerk gelernt? Höchstwahrscheinlich mittels einer Kombination aus informellem Lernen, einschließlich Einflüssen von Familie und Freunden, und unabhängigen, autodidaktischen Methoden mit Hilfsmitteln wie Anleitungsbüchern, Apps und Videos. Zu dieser Gruppe der Autodidakten gehören Künstler wie Lil Wayne, Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers, Doja Cat und John Lennon. Im Folgenden werden wir dir einen tieferen Einblick in den Werdegang dieser (und vieler anderer) Autodidakten geben und deren Charakteristika näher beleuchten.
Männliche Künstler dominieren die Streaming-Plattform, außer im Pop-Genre.
Auf Spotify ist die große Mehrheit der Top-Künstler männlich. Bei den 1000 meistgestreamten Musikern handelt es sich zu 80 % um männliche Leadsänger oder Solokünstler, und nur zu 20 % um weibliche. Weniger als 1 % sind nicht-binär oder transgender.
Dieser Trend gilt auch für die oberen Ränge der Rangliste: 73 % der Künstler in der Top-100-Liste sind männlich, wie die folgende Grafik zeigt:
Wenn man jedoch das Musikgenre heranzieht, für das diese Künstler am besten bekannt sind, verschiebt sich das Geschlechtergleichgewicht. In der folgenden Grafik findest du die sieben wichtigsten Genres (die 85 % der 1000 erfolgreichsten Künstler auf Spotify ausmachen). Latin, Hip-Hop und Rap haben einen extrem niedrigen Frauenanteil. Rock und Country entsprechen mit einem Männeranteil von 80 % in etwa dem der gesamten Branche.
In der Popmusik sind knapp zwei Drittel der Topstars männlich. Dieses Musikgenre weist die größte Ausgewogenheit zwischen den Geschlechtern auf, auch wenn weibliche Künstler weiterhin unterrepräsentiert sind.
Hardrock-Stars werden alt.
Das Durchschnittsalter der Topstars liegt bei 40 Jahren. Dabei reicht die Altersspanne vom 18-jährigen Indie-Künstler d4vd bis hin zum 91-jährigen Komponisten John Williams.
Unter allen Bands und Solokünstlern in der Spotify-Datenbank - mit Ausnahme von etwa 125 Musikern, die verstorben sind oder deren Alter nicht verifiziert werden kann - sind zwar mehrere Generationen vertreten, doch das Durchschnittsalter unterscheidet sich je nach Genre. Die Analyse hat ergeben, dass Hip-Hop-Künstler ein Durchschnittsalter von 33 Jahren haben, während klassische Musiker durchschnittlich 57 Jahre alt sind.
Natürlich bietet das Durchschnittsalter nur eine Momentaufnahme der Branche. Tatsächlich gibt es innerhalb der einzelnen Genres eine beträchtliche Spanne, wie die folgende Grafik zeigt. (Wir haben nur Genres berücksichtigt, die mit fünf oder mehr Bands oder Solokünstlern in den Top 1000 der Spotify-Liste vertreten sind). Während sowohl das Pop- als auch das Rockgenre die Charts dominieren, sind in letzterem vor allem ältere Künstler vertreten: 45 % der Rockstars sind über 50, im Vergleich zu nur 12 % der Popstars. Bewege den Mauszeiger über die Dreiecke in der Grafik, um dir Details zum Alter der einzelnen Leadsänger oder Solokünstler anzeigen zu lassen.
Berühmte Musiker aus vergangenen Epochen stehen nicht an der Chartspitze.
Selbst für lebende Künstler ist es schwer, relevant zu bleiben - oder zumindest relevant genug, um einen Platz in den Playlists der Hörer zu behalten. Bei verstorbenen Künstlern haben nur die angesehensten Superstars auch Jahrzehnte nach ihrem Tod noch ein Publikum.
Dies lässt sich zunächst dadurch belegen, dass die 1000 Top-Künstler auf Spotify fast alle noch am Leben sind. Nur 71 sind verstorben - und fast alle von ihnen in der jüngsten Vergangenheit, wie die Grafik unten zeigt. Mehr als zwei Drittel (48) starben innerhalb der letzten 25 Jahre und die meisten von ihnen (38) innerhalb des letzten Jahrzehnts. Etwa jeder fünfte Künstler, darunter John Lennon, Elvis Presley und Bob Marley, starb vor 25 bis 49 Jahren.
Mit wenigen Ausnahmen sind Künstler, die vor mehr als 50 Jahren gestorben sind, nicht auf der Liste zu finden. Hierfür gibt es keinen bestimmten Grund. Vielmehr handelt es sich um eine Kombination von Faktoren, die sich aus den persönlichen Vorlieben, der sich entwickelnden Aufnahmetechnik und der Art und Weise, wie Spotify Musik katalogisiert, ergeben.
Man bedenke, dass Musikstile im Laufe der Zeit kommen und gehen und dass das Spotify-Publikum tendenziell jünger ist; mehr als die Hälfte der Hörer ist unter 34 Jahre alt, wie eine von Statista im Jahr 2018 veröffentlichte Umfrage zeigt. Es liegt also auf der Hand, dass die Hauptnutzer von Spotify in der Regel keine Playlists mit Songs aus der Jugend ihrer Großeltern erstellen und auch nicht zu klassischen Musikstücken "abrocken". (Andere Plattformen wie Idagio und Apple Music Classical richten sich eher an Fans dieses Genres.)
Darüber hinaus verdeutlicht die Darstellung und Zuordnung klassischer Musik auf Spotify das komplexe Zusammenspiel zwischen Komponisten und Interpreten, bei dem die subjektiven Interpretationen der Interpreten die Stimmung der Komposition drastisch verändern können. Während es zum Beispiel eine einzige Originalaufnahme eines Beyoncé-Songs gibt, kann es Tausende von Aufnahmen eines einzigen klassischen Werks geben. Jede dieser Aufnahmen weist unterschiedliche Nuancen auf und es gibt daher keine "endgültige" Version. Spotify unterscheidet bei der Zuordnung zwischen dem Komponisten und dem Interpreten - diese Kategorisierung erkennt die Mitwirkung der beiden Parteien an, ist aber nicht repräsentativ für die Komplexität der Beziehung zwischen Komponist und Interpreten, die für die Musik dieser Epoche einzigartig ist.
Die Künstler singen auf Englisch - auch wenn es nicht die Hauptsprache ihres Landes ist.
So gut wie alle Musiker auf Spotify sind Sänger*innen (lediglich fünf Künstler sind für ihre Instrumentalmusik bekannt).
Als wir uns diese genauer ansahen, fanden wir 25 verschiedene Gesangssprachen unter ihnen, wobei Englisch bei Weitem die beliebteste ist. Etwa zwei von drei Künstlern singen auf Englisch (64 %), gefolgt von Spanisch (18 %). Danach folgen etwas weiter abgeschlagen Portugiesisch und Indisch (je 4 %) sowie Koreanisch (3 %). Alle anderen Sprachen zusammengenommen verteilen sich auf die restlichen 7 % der Künstler auf der Liste.
Der deutlichste Grund dafür ist die Dominanz von Künstlern aus englischsprachigen Ländern. Fast die Hälfte kommt aus den USA, viele aus Großbritannien, Kanada, Australien und Irland. Auffallend ist jedoch, dass viele der auf Englisch singenden Sänger*innen aus Ländern stammen, in denen Englisch nicht die vorherrschende Sprache ist.
In der nachstehenden Tabelle haben wir die Anzahl der Künstler nach Land und Sprache aufgelistet und festgestellt, dass es in den meisten Ländern mindestens einen englischen Sänger gibt. Insgesamt haben wir 56 Künstler auf der Spotify-Liste gefunden, die für ihre englischen Songs bekannt sind, aber aus Ländern stammen, in denen Englisch nicht die Hauptsprache ist.
Schlussfolgerung
Alles in allem hat unsere Analyse der Topstars auf Spotify eine ganze Reihe bemerkenswerter Erkenntnisse gebracht. Es ist faszinierend, dass die große Mehrheit der Spitzenmusiker keinen privaten Musikunterricht erhalten hat bzw. erhält. Enttäuschend ist hingegen das noch immer bestehende Geschlechterungleichgewicht. Darüber hinaus hat uns sowohl der vorhandene Zusammenhang zwischen Musikgenre und Alter, als auch die Dominanz englischsprachiger Texte überrascht. Die vorliegenden Ergebnisse bieten eine gute Grundlage für weitergehende Untersuchungen.
Autor dieses Blogbeitrags:
Susana Pérez Posada
Mit mehr als sieben Jahren Erfahrung in der Klavierausbildung und einer tiefen Leidenschaft für Musiktherapie bringt Susana eine einzigartige Mischung aus Fachwissen zu Skoove. Als Absolventin der Musiktherapie an der SRH Hochschule Heidelberg und erfahrene klassische Pianistin an der Universidad EAFIT füllt sie ihren Unterricht mit einem ganzheitlichen Ansatz, der über den traditionellen Klavierunterricht hinausgeht. In ihren Texten für Skoove verbindet Susana ihr reiches musikalisches Wissen mit fesselnden Erzählungen und bereichert so die Lernerfahrung für Pianisten aller Niveaus. Abseits des Klaviers erkundet sie gerne neue Orte und vertieft sich in ein gutes Buch. Sie ist überzeugt, dass diese vielfältigen Erfahrungen ihren kreativen Unterrichtsstil bereichern.
Übersetzt von Melanie Denise
Veröffentlicht von Lidia Hovhan vom Skoove-Team
Foto von Imtiyaz Ali